Als der Gerhard Niedermayer vorigen Winter erwähnte, dass er auf den Ötztaler zugunsten „Chasing Cancellara“ – Zürich – Zermatt verzichten würde, weckte er mein Interesse. Gepaart mit den Tatsachen, dass es sich nicht um ein klassisches Rennen mit Massenstart, einer 3-er Wertung mit Ausflugscharakter in einer für mich völlig neuen Gegend und der relativ einfachen Organisation trotz Start in Zürich, dachte ich über das 3. Teammitglied nach.
280 km mit 6500 Höhenmeter schafft nicht jede®, Start um 1.30 Uhr in der Früh mag nicht jede®. Darüber hinaus waren Unbekümmertheit und Abenteuerlust ebenso Voraussetzung, wie der Umstand, nicht übereifrige Ziele verfolgen zu wollen, sondern einen spaßig-sportlichen Tag in schöner Landschaft zu verbringen.
Wenig überraschend fiel die Wahl dann auf unsere Susi, die auch relativ bald bereitwillig zusagte. Aus meiner Sicht fast eine Traumkombination, da wir drei ja schon öfter miteinander gefahren sind, wir miteinander „können“ und wir eine Mixed-Team stellten, für das es dann gar keine Wertung geben sollte J
Die Vorbereitung war nichts anderes, was man sonst auch tut – Kilometer und Höhenmeter strampeln, solange es Spaß macht. Leider beleidigte Susi ihren Rücken ca. 2 Wochen vor dem Rennen, was die Vorfreude dämpfte und eine gewisse Unsicherheit in die Angelegenheit hineinbrachte. Hier kam dann der nächste Umstand zum Tragen, warum meine Wahl auf sie fiel – es wird nicht lange „herumgeeiert“, warum es nicht gehen könnte, es wird probiert!
2 Tage vor dem Rennen am 26.8. gings zu dritt im Auto nach Zürich. Dort nisteten wir uns in Gerhards Männer-WG ein – zum Glück war einer gerade auf Urlaub und so hatten wir auch genügend Platz. Am Vorabend gabs völlig unbekümmert noch selbstgemachte Pasta mit Bier, weil man lt. Gerhard ja „ohne Sprit nicht fahren kann“ und wurden die Startnummern montiert bzw. die letzten Rennvorbereitungen getroffen, ehe wir uns gegen 21.00 Uhr zu Bette legten.
Zur Geisterstunde wurde frühgestückt und um 0.40 Uhr gabs dann den „durch-Zürich zum Start-Roller zu dritt“, um pünktlich um 1.33 Uhr zu starten, nachdem ich von „Spartakus Cancellara“ höchstpersönlich meine Warnweste angelegt bekam.
Die Geschichte des Rennens ist schneller erzählt, als die Vorgeschichte:
Im Stockdunkeln im Team zu fahren erwies sich als gar nicht so einfach. Ein paar Kilometer nach dem Start haben wir uns schon mal verfahren und Gerhard musste uns über Umwege zur Strecke navigieren. Tat aber unserer guten Stimmung keinen Abbruch und hatte auch keine großartigen Auswirkungen auf das Ergebnis. Gewonnen hätten wir eh nicht.
Windschattenfahren war ja (nur) für uns 3 erlaubt (Einzelstarter bzw. mit anderen Teams war dies untersagt und wurde auch streng kontrolliert); gestaltete sich jedoch in Anbetracht der Sicht ohnehin ziemlich schwierig, womit wir uns dann das eine oder andere Mal erst bei den Labestellen wieder fanden.
Nachdem wir doch deutlich über 5 Stunden im Dunkeln fuhren, wurde auch die Beleuchtung zum Problem und wir mussten gut damit Haushalten (bergauf und im Windschatten auf Minimalstufe). Vorbereitung wird ja generell überbewertet – die Lampe haben wir natürlich auch nicht getestet J
Spannend das Gefühl, bei Sonnenaufgang schon an der 2000-Höhenmeter-Marke zu kratzen. Nach 100 Kilometer kam dann bei Sonnenaufgang der erste wirklich schwierige Anstieg auf den Glaubenbielen (ca. 800 steile Höhenmeter). Hier ließ es Gerhard gemächlicher angehen, da er ja wusste, dass er uns bei der darauffolgenden waghalsigen Abfahrt ohnehin wieder einholen würde. Diese Taktik erwies sich jedenfalls goldrichtig. Nach einigen Auf- und Abs erreichten wir den Fuß des Grimselpasses, wo es jetzt nach 150 Kilometer und über 3000 Höhenmeter Farbe bekennen hieß. 1500 Höhenmeter durchgehend steil bergauf sollte es bei starker Bewölkung, aber zumindest ohne Regen gehen. Hier setzte der einzig prekäre Moment des Rennens für uns ein, als Susi – wie sie es selbst bezeichnete – schlafensmüde und folglich auch immer langsamer wurde. Gerhard fuhr schon mal vor, um mit anderen Teilnehmern zu plaudern und um schöne Fotos zu machen. Zum Glück hatten wir bei der Labestelle Red Bull Cola eingesteckt und es ging recht bald wieder zügig weiter. Wir genossen die tollen landschaftlichen Ausblicke und die beiden silbernen Aston Martins aus den 60-er James-Bond-Filmen („Goldfinger“ wurde am nahegelegenen Furka-Pass gedreht J), die uns auf der Stecke überholten, ehe wir – nun doch schon ein wenig angezählt und wieder zu dritt – die Passhöhe erreichten. Nun hatten wir „nur“ mehr 100 Kilometer und den Schlussanstieg nach Zermatt vor uns.
Ständig wechselnde Windrichtungen, zahlreiche baustellenbedingte Unterbrechungen und einsetzende Müdigkeit ließen die 65 Bergabkilometer vom Grimselpass nach Visp auch mühsamer ausfallen, als erwartet. Die letzte Labstelle in Visp kosteten wir so richtig aus. Zwischenzeitig hatte es richtig zugezogen und der Blick nach vorne Richtung Zermatt verhieß nichts Gutes. Wir hatten eigentlich keinen Zweifel, so richtig nass zu werden und stellten uns auf ungemütliche abschließende 25 Kilometer ein. Dass es noch ca. 1000 Höhenmeter ausschließlich bergauf gehen sollte, war in Anbetracht der einsetzenden Kälte und Nässe eigentlich ein Vorteil.
Eigentlich hatten wir dann doch wieder Glück im Unglück – ja, wir wurden nass, aber nein, das sich augenscheinlich ankündigende Unwetter blieb aus. So rollten wir doch schon ziemlich gezeichnet nach einer Bruttofahrzeit von 15 Stunden und 30 Minuten gemeinsam ins Ziel. Zwischenzeitig hatte es auch zu regnen aufgehört und wir genossen Burger und Zermatter Bier bei der Finisher-Party. Der Blick aufs „nebel- bzw. wolkenfreie“Matterhorn blieb uns leider an diesem Tag verwehrt , wurde aber am nächsten Tag realisiert, was auch keine Selbstverständlichkeit ist.
Der Bewerb schreit nicht unbedingt nach Wiederholung – was Neues gesehen und gemacht zu haben war aber eine tolle Sache!