In der „Grünen Hölle“ am Nürburgring (Grand Prix Strecke und Nordschleife)
24h Solo Alex Eder / 24h 2er-Team Bernhard Zeller, Alfred Muhrer
Seit 2003 ist das 24h-Radrennen auf dem Nürburgring ein unvergleichliches Erlebnis. Das
Ambiente der Formel 1-Arena und die Herausforderungen der legendären Nordschleife
machen das Tag- und Nacht Rennen weltweit einzigartig. Eine Runde über Grand Prix-
Strecke und Nordschleife misst in der 24h-Version rund 26 Kilometer mit 560 Höhenmeter
und ein perfekter Rennstreckenasphalt bietet vor allem in den kurvigen Bergab-Passagen
ordentlich Grip für Höchstgeschwindigkeiten mit bis zu 100 km/h im Streckenabschnitt
„Fuchsröhre“. Unvermeidbar hingegen ist der Anstieg zum Abschnitt „Hohe Acht“ mit
kurzfristig bis zu 17 Prozent Steigung. Spätestens hier verstehen auch Radsportler den
Beinamen „Grüne Hölle“, den die Formel I Legende Sir Jackie Stewart der Nordschleife
des Nürburgrings in den 70er-Jahren verlieh.
Mit diesen Erkenntnissen und großem Respekt vor den Daten der Strecke machten wir
uns in Begleitung unseres Support Teams
(Sabine Schramm, Karin Eder und Angela
Schalk) auf den Weg zum Nürburgring in der Hocheifel. Nach ca. 900km und einer ca. 10
stündigen Autofahrt erreichten wir das Ziel unseres Vorhabens.
Die ersten Eindrücke beim Befahren der Grand Prix Strecke mit dem Auto, um zu unserer
Parzelle zu gelangen, waren schon sehr beeindruckend. Zusehends verwandelte sich
jedoch das Renngelände der Grand Prix Strecke in einen riesigen Campingplatz mit
unzählig verrückten Radlern (lt. Veranstalter zw. 7000 und 8000). Ziel des Anreisetages
war es unsere Parzelle einzurichten und sich ruhig auf den nächsten Tag vorzubereiten.
Samstag Renntag Start um 12:53 Uhr.
Daran war unschwer zu erkennen, das mit deutscher Genauigkeit gearbeitet wurde, auch
abseits des Renngeschehens war natürlich alles perfekt organisiert. Nach einer 2-jährigen
Pause wurde nichts dem Zufall überlassen.
Endlich war es dann soweit, Alex und Bernhard machten sich auf den Weg zum Start. Der
Plan des 2er Teams
war es, dass jeder mit einer Einführungsrunde beginnt und danach
jeder weitere Wechsel nach 2 gefahrenen Runden durchgeführt werden sollte. Dieser
Rhythmus konnte auch annähernd eingehalten werden. Alex wiederum hatte für sich
selbst eine ganz einfache Strategie ausgearbeitet, und zwar so lange zu fahren wie es
geht und nicht zu schnell zu beginnen.
Sich das erste Mal mit einem Rad auf der legendären Nordschleife bewegen zu dürfen,
vorbei an historischen und legendären Streckenabschnitten wie Fuchsröhre (mit einem
Gefälle von bis zu 11%), Bergwerk (hier verunglückte am 1.August 1976 Niki Lauda),
Caracciola-Karussell benannt nach Rudolf Caracciola dem ersten Formel I Sieger am
Nürburgring 1927) sowie hinauf zur Hohen Acht (mit einer Steigung von bis zu 17%), war
ein Erlebnis der besonderen Art.
Zusammen mit der modernen Grand-Prix-Rennstrecke, auf der seit 1984 (nur mehr dort)
die nationalen und internationalen Profi-Rennserien stattfinden, wussten wir bereits nach
der ersten Runde das dies schwere 24h werden.
Die Tourenwagen-Serien und insbesondere die Breitensportveranstaltungen für Amateure
bevorzugen weiterhin die abwechslungsreiche Nordschleife. Ein trauriger Rekord ist
jedoch, dass bisher auf dem Nürburgring bei Motorsportveranstaltungen und
Touristenfahrten insgesamt mehr als 140 Menschen tödlich verunglückt sind.
Trotzdem ließen wir es uns nicht nehmen den Geschwindigkeitsrausch voll auszukosten.
Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 101 km/h in der Fuchsröhre im Aero-Duck Stil schoss
Alex den Vogel ab, gefolgt von Bernhards 91 km/h und meinen vergleichsweise
langsamen 85 km/h.
Die Stunden vergingen und wir fühlten uns zunehmend sicherer auf dem Kurs,
Bremspunkte sowie eine ideale Kurvenlinie wurden mit jeder Runde verbessert.
Ernüchternd war jedoch die Erkenntnis, dass Windschattenfahren kaum möglich war.
Entweder ging es rasant bergab oder im moderaten Tempo bergauf, dazwischen gab es
lediglich im Streckenabschnitt Döttinger Höhe eine lange Gerade, die ein wenig
Gelegenheit dafür geboten hätte. Dies erkannten jedoch auch die meisten Teilnehmer und
dementsprechend zurückhaltend hat sich jeder bei den Führungsarbeiten verhalten.
Die Nacht brach langsam herein und wir bereiteten uns mit entsprechender Beleuchtung
darauf vor. Inzwischen hatte sich auch unser Support-Team zurückgezogen, denn sie
zogen es vor die Nacht in den Zimmern im angrenzenden Hotel und in einem in der Nähe
liegendem Apartment zu verbringen. Wir hatten jedoch was Besseres vor in dieser Nacht.
Der 2-Runden Wechsel passte, so hatten wir zumindest ein wenig Gelegenheit um zu
schlafen. Alex hingegen fuhr wie von Sinnen sein eigenes Rennen. Jeder weitere
Kommentar dazu wäre für die Meisten wohl schwer nachzuvollziehen. Seinem erklärten
Ziel, 20 Runden zu schaffen, kam er immer näher. Mein bescheidenes Ziel war es, die Hälfte von ihm zu schaffen. Bernhard hingegen, peilte wohl nach der Nachtfahrt eine
Rundenzahl irgendwo dazwischen an.
Was uns natürlich sehr zu Gute kam waren bis zu diesem Zeitpunkt die perfekten
Witterungsverhältnisse. Die Hocheifel ist nämlich bekannt für unbeständiges und
regnerisches Wetter. Da die Strecke auf über 600m Seehöhe liegt, kann es daher auch
recht schnell empfindlich kalt werden.
Die Nacht hatten wir alle recht gut überstanden und langsam war ein Licht am Ende des
Tunnels erkennbar. Jedoch wurden die letzten Runden zur Qual. Besonders für Alex war
es eine Überwindung der besonderen Art bis zum Schluss durchzuhalten. So wurden
seine letzten 2 Runden zum Schrecklichsten was er bis jetzt in seiner Radkariere erleben
durfte (eigenes Zitat von Alex). Warum man sich das antun hat sich wohl jeder gefragt, der
bis zu diesem Zeitpunkt durchgehalten hat. So werden eben wahre Helden geboren.
Da ich mein persönliches Ziel von 10 Runden am Vormittag erreicht hatte, überlies ich es
Bernhard sich noch weiter auf der Rennstrecke zu vergnügen und das Rennen bis zur
letzten Minute auszukosten. Voller Freude hat er natürlich dieses Angebot angenommen.
Um 12:15 Uhr wurde die letzte Runde eingeläutet, und jeder der sich zu dieser Zeit noch
auf der Strecke befand durfte die Runde zu Ende fahren.
So geschehen, erreichte Alex 20 Runden mit einer Gesamtleistung von 522 km, den 7.
Platz in seiner Klasse und in der Gesamtwertung Platz 29 von 360 Gestarteten. Seine
schnellste Runde war bei 00:48:25 und die letzte Runde bei 01:25:04.
Bernhard kam auf stolze 13 Runden. Dies bescherte uns in der 2er Team Wertung Platz 5
in der Altersklasse und den 23. Platz in der Gesamtwertung von 137 2er Teams.
Die Besten erreichten im Einzel 25 Runden und im 2er Team in Summe 27 Runden, also
nur um 5 bzw. 4 Runden mehr als das Cycle Team Tulln. Wir befanden uns also, sowohl
im Einzel als auch im Teambewerb in respektabler Gesellschaft.
Als abschließendes Resümee wäre noch zu erwähnen, dass ein großer Dank unserem
Support Team ausgesprochen werden muss, welches sich sehr aufopfernd um uns
gekümmert hat. Weiters kamen wir zur Erkenntnis, dass diese Reise ein voller Erfolg und
ein unvergleichliches Abenteuer für uns alle gewesen war.